Workshop: Auszubildende fördern und ans Unternehmen binden

Wie begeistern und binden Unternehmen wie Bosch und Volkswagen ihre Auszubildenden, dass sie sich von Beginn an verbunden fühlen und schnell integrieren? Wie können Auszubildende bestmöglich gefördert werden? Mögliche Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen wurden am 13. Oktober 2020 im Rahmen des Workshops „Wann ist eine betriebliche Ausbildung erfolgreich? Kompetenzentwicklung als Instrument einer stabilen Azubibindung“ aufgezeigt und diskutiert. Initiiert wurde der Workshop mit 20 Teilnehmenden aus Wirtschaft und Bildung vom JOBSTARTER plus-Projekt „Ausbildungsperspektive Automobil 4.0“ des Automotive Cluster Ostdeutschland.

Transformation beginnt in den Köpfen der Mitarbeitenden

Dr. Holger Naduschewski, Geschäftsführer der Volkswagen Bildungsinstitut GmbH, schilderte, dass die Automobilindustrie durch die Entwicklung zu alternativen Antrieben, Konnektivität und autonomem Fahren, den demografisch bedingten Azubi- und Fachkräftemangel und die Digitalisierung die Ausbildungsprofile anpassen müsse. Der Erfolg dieses Strukturwandels hänge von erfolgreicher Kompetenzentwicklung des Personals ab und beginne in den Köpfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gelte vor allem, diese im Prozess mitzunehmen, über Veränderungen zu informieren und Angebote zu unterbreiten, wie ihre Rolle in der nahen Zukunft aussehen kann. Aus diesem Grund wurde jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter bei Volkswagen Sachsen durch ein Weiterbildungs-Konzept auf dem Weg hin zum vollelektrischen Werk begleitet.

Vanessa Walter, Referentin für Digitalisierung im Thüringer Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0, und Steve Wagner, Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft e. V. / Netzwerk Q 4.0, verdeutlichten, was für die Zukunft der Ausbildung jetzt schon bekannt ist und vorbereitet werden kann. Die Ausbildung sollte zukünftig aus ihrer Sicht folgende Elemente beinhalten: mehr Projektarbeit, zeitliche Freiräume, fachübergreifendes prozessuales Verständnis fördern und eine Lernprozessbegleitung durch die Ausbildenden.

Kay Hilbeck, Ausbildungsverantwortlicher der Bosch Sicherheitssysteme Montage und Service GmbH, betonte, dass Unternehmen von Beginn an Vertrauen in ihre Azubis setzen und ihnen Verantwortung übertragen sollten. Beispielsweise betreiben die Azubis in seinem Unternehmen den Ausbildungskanal auf Instagram, fertigen Werbevideos zum eigenen Ausbildungsberuf an und erstellen den monatlichen Azubi-Newsletter. Eine hohe Bindung ans Unternehmen führe dazu, dass Auszubildende während der Ausbildungszeit motiviert arbeiten und großes Engagement entfalten. Als erfolgreich hat es sich in diesem Zusammenhang erwiesen, als Unternehmen die Betreuung der Jugendlichen bereits vor dem Ausbildungsstart zu beginnen. Während dieser Phase können dem zukünftigen Azubi beispielsweise persönliche Einstellinformationen oder monatliche Infos zum Ausbildungsstart zur Verfügung gestellt werde.

Paradigmenwechsel in den Berufsbildern

In der Vision von Kay Hilbeck ist ein Paradigmenwechsel in den Berufsbildern notwendig: „Primär wird nicht das vorhandene Wissen sein, sondern die Fähigkeit, spezifisches Wissen in kürzester Zeit abzurufen und anzuwenden.“ Peter Albrecht, Leiter des JOBSTARTER Regionalbüros Ost und Geschäftsführer der GEBIFO Gesellschaft zur Förderung von Bildungsforschung und Qualifizierung mbH berichtete davon, wie sein Unternehmen als KMU freie Ausbildungsplätze erfolgreich besetzt. Seine Azubis gehen beispielsweise als „Botschafter“ an ihre früheren Schulen und werben dort für ihren Ausbildungsberuf. Sein Appell lautete: „Wir müssen Ausbildung in Losgröße 1 realisieren.“ Losgröße 1 bedeutet in der Sprache der „Industrie 4.0“, durch digitale Vernetzung die individuelle Einzelfertigung ermöglichen. Für erfolgreiche Ausbildung heißt das, durch individuelle Lernprozessbegleitung jede und jeden zum Ziel bringen. 

In der Diskussion mit den Teilnehmenden wurde außerdem klar, dass Sicherheit und Freude an der Arbeit die zwei maßgeblichen Faktoren für die Wahl des Ausbildungsberufs bei Jugendlichen sind.

Dr. Felix Erler, Projektleiter des JOBSTARTER plus-Projekts "Ausbildungsperspektive Automobil 4.0"
Dr. Felix Erler, Projektleiter des JOBSTARTER plus-Projekts „Ausbildungsperspektive Automobil 4.0“ © Nadine Schenker, ACOD GmbH

veröffentlicht am 11. November 2020